Rückholung der GDTs aus Italien
Die MaK-Triebwagen bei der OHE
In den Jahren 1955-59 erhielt die Osthannoversche Eisenbahn AG (OHE) insgesamt sieben Triebwagen von der Firma Maschinenbau Kiel GmbH (MaK).
Gemäß dem, in den 1950er Jahre, gültigen OHE-Nummernschema erhielten alle Triebwagen eine fortlaufende Nummer mit 05 beginnend. Den Betriebsnummer waren, zur Unterscheidung der verbauten Motoren, die Buchstaben "VT = Vergasermotor-" bzw. "DT = Dieseltriebwagen" vorangestellt.
Die neu ausgelieferten Triebwagen erhielten demnach die Betriebsbezeichnungen DT 0515-0518, 0520-0522.
Da es sich bei den MaK-Triebwagen um Großraumtriebwagen handelte, führte die OHE, Mitte bis Ende der 1960er Jahre, bei einigen dieser Triebwagen die Bezeichnung "GDT" (Großraumdieseltriebwagen) ein.
Im Mai 1977 stellte die OHE den Personenverkehr auf ihren Strecken ein. Das Ende des OHE-Personenverkehrs erlebten die MaK-Triebwagen allerdings nicht mehr, da sie bereits im ersten Quartal des Jahres 1977 verkauft wurden. Sechs Triebwagen wurden, über die Firma Glaser, nach Italien an das in Reggio Emilia ansässige Eisenbahnverkehrsunternehmen Azienda Consorziale Trasporti (ACT) verkauft und dort als "ALn 2457-2462 eingereiht. Der 7. Triebwagen (0521) wurde an die Südwestdeutsche Eisenbahnen AG (SWEG) verkauft und dort als "VT 521" bezeichnet.
Die Umnummerierungen erfolgten wie folgt:
DT 0515 = ALn 2462 (ACT)
DT 0516 = ALn 2457 (ACT)
DT 0517 = ALn 2458 (ACT)
DT 0518 = ALn 2459 (ACT)
DT 0520 = ALn 2460 (ACT)
DT 0521 = VT 521 (SWEG)
DT 0522 = ALn 2461 (ACT)
Fast genau 23 Jahre nach dem Verkauf nach Italien kauften wir, die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg (AVL), die sechs Triebwagen der ACT wieder ab und holten diese wieder zurück in ihre alte Heimat - die Lüneburger Heide.
Der bebilderte Reisebericht der Rückholung ist unten angefügt.
Der 7. Triebwagen wurde bis 1994 bei der SWEG geführt. Im Mai 1994 ging er an die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG) und nur zwei Jahre später, im Jahr 1996, konnte der Verein Braunschweiger Verkehrsfreunde e. V. (VBV) diesen Triebwagen übernehmen. Seit der Übernahme durch den VBV wird der Triebwagen wieder als GDT 521 bezeichnet.
Zwei der sechs Triebwagen verblieben bei uns, von denen wir einen (den GDT 0518) bereits im Jahr 2005 wieder, voll betriebsfähig und im nahezu originalen OHE-Zustand, in wieder Betrieb nehmen konnten.
Reisebericht der Rückholung aus Italien
Überführung der ex OHE GDT von Reggio Emilio nach Lüneburg in ihre alte Heimat.
In einer gut einwöchigen Reise (05.03.-11.03.2000) wurden die sechs GDTs von Reggio Emilio nach Lüneburg überführt.
Der bebilderte Reisebericht wurde uns dankenswerter Weise von unserem Vereinsmitglied Dieter Hecke zur Verfügung gestellt.
Sonntag, 05.03.2000
Meine Reise startete bei mir Zuhause in Eppstein gegen 15:00 Uhr in Richtung Frankfurt/Main. Von dort fuhr ich mit dem ICE nach Würzburg, um dort im Zug mit den Vereinsmitgliedern aus Lüneburg zusammenzutreffen. Die Abfahrt aus Frankfurt/Main erfolgte schon mit einer 10 minütigen Verspätung und die Übergangszeit in Würzburg betrug nur 8 Minuten, aber der nette ZUB (Zugbegleiter) meinte, dass in Würzburg gewartet wird.
Einfahrt in Würzburg - Zwangsbremsung, trotzdem nur noch 5 Minuten Verspätung. Der Anschluss an den ICE nach München und somit das Zusammentreffen mit den Vereinsmitgliedern hatte also wirklich noch geklappt.
In München stieß noch ein weiterer AVL'er dazu, und wir gingen erst mal in die DB Kantine zum Abendessen. Wir freuten uns schon auf ein schönes Weizenbier, doch es gab leider nur alkoholfreies Weizenbier, und das in Bayern.
Um 20:30 Uhr ging es im Liegewagenzug, mit italienischem Wagenpark, weiter Richtung Italien. Der Liegewagenschaffner kam und sammelte Fahrkarten und Papiere ein (Warum die Papiere, wir blieben doch in der EU?!). Gegen 21:30 Uhr bin ich im viel zu kurzem Bett endlich eingeschlafen, doch um 24:00 Uhr weckte uns der Liegewagenschaffner wieder, um die Papiere zurück zu bringen.
Montag, 06.03.2000
Um 03:30 Uhr klingelten die Wecker, wir durchfuhren Modena. Pünktliche Ankunft in Bologna. Um diese Zeit hatte natürlich noch kein Restaurant geöffnet, aber der Mc Donald's am Bahnhofsvorplatz tat es auch. Also erst mal gefrühstückt und Kaffee getrunken.
Dann ging es weiter mit einem Eilzug nach Reggio, dort angekommen haben wir im Bahnhof gut gepflegte 216, der ACT, bewundert, wodurch wir leider die mit dem Auto vorgefahrenen Vereinsmitglieder verpassten.
Diese wollten uns eigentlich mit dem Auto vom Bahnhof abholen. Uns blieb also nichts anderes übrig als das Gepäck bis zum Bw (Bahnbetriebswerk) der ACT selbst zu schleppen.
Im Bw angekommen gingen wir mit der gesamten Truppe zu den Triebwagen und warteten auf das Personal der ACT.
Auf den Gleisen der ACT herrschte schon reger Eisenbahnbetrieb am frühen Morgen (6:00 Uhr).
Nach Eintreffen des ACT-Personals luden wir noch verschieden Sachen aus dem Auto in die Triebwagen.
Nach dem umrangieren der Triebwagen wurde der Zug mit einer ACT Lok zum FS-Bahnhof überführt.
Um einige Außenaufnahmen des Zuges machen zu können fuhr ich vorerst nicht im Zug mit, sondern fuhr bis zum Brenner mit dem Auto nebenher. Doch bevor es an die Strecke ging fuhr ich zum FS-Bahnhof, um die dortige Abfahrt zu fotografieren.
Am Bahnhof traf ich noch zwei deutsche Eisenbahnfreunde, welche zufällig in Reggio waren, um dort deutsche Dieselloks zu fotografieren.
Die Überführung, über den Brenner, erfolgte gezogen durch eine E-Lok , da weder die FS noch die ÖBB uns mit eigener Kraft über den Brenner lassen wollten.
Die Abfahrt des Zuges erfolgte mit einer Altbau E-Lok der FS Richtung Modena.
Wir Autobegleiter sind nach Gonzaga gefahren, um die Triebwagen dort bei ihrer Vorbeifahrt auf freier Strecke zu fotografieren. Nach mehreren Cappuccino und zwei Stunden Wartezeit kam dann endlich der Zug, und wir konnten einige Aufnahmen machen.
Telefonisch bekamen wir die Information, dass das italienische Lokpersonal in Suzzara erst mal Mittagspause machen wollte. Wir also hin zum Bahnhof, Parkplatz gesucht, und unsere vier Zugfahrer aufgesucht. Uns kam das Lokpersonal bereits entgegen, drum beeilten wir uns und ab ging es dann in aller Seelenruhe in eine etwa 800 m vom Bahnhof entfernte Pizzeria. Nach langem stühlerücken und bestellen gab es dort endlich etwas zu essen. Interessant war, dass das italienische Lokpersonal zum Essen jeder einen 1/2 Liter Rotwein trank.
Auf die Frage, ob es denn keinen Fahrplan gebe, kam die Antwort: "Eigentlich sollten wir jetzt schon hinter Verona sein, das ist aber nicht zu schaffen, aber wir bringen euch schon auf den Brenner."
Nach einer 1 1/2 stündigen Mittagspause ging es endlich zügig weiter.
Gegen 20:30 Uhr erreichten wir (im Auto) den Brenner.
Am Bahnhof Brenner sammelten wir dann Rainer auf, der alleine mit dem Zug aus Deutschland angereist war.
Nach einigen Telefongesprächen mit der Triebwagenbesatzung erfuhren wir, dass das Lokpersonal noch mal eine zweistündige Abendbrotpause eingelegt habe, und man plane den Brenner gegen Mitternacht zu erreichen. Also bauten wir auf der Ladefläche des VW Busses unsere Betten auf (Schlafsack ausrollen) und dann ging es rein in den warmen Schlafsack.
Dienstag, 07.03.2000
Morgens sind wir gegen 7:00 Uhr wach geworden und mussten erst mal die Scheiben, von innen, vom Eis befreien, dann ging ab zum Bahnhof.
Die Zugbesatzung war auch schon wach und sie beschäftigten sich mit dem Anlassen der Motoren.
Die beiden Motoren des ersten Triebwagens sprangen auch nach kurzer Bedenkzeit und viel Rauchentwicklung an. Beim zweiten Triebwagen waren die Batterien zu schwach, so dass wir in diesen Triebwagen die schon vorher nach Reggio gebrachten Batterien einbauen mussten.
Nach Genehmigung durch den italienischen Fahrdienstleiter des Bahnhofs Brenner konnten wir dann die ersten Laufversuche mit den Triebwagen im Bahnhof vornehmen. Es mussten noch einige Einstellungen der Getriebe vorgenommen werden, dann wurde der Zug in die richtige Reihenfolge rangiert.
Geplant war, dass unsere sechs Triebwagen ans Ende eines planmäßigen Güterzuges die Brennerrampe hinunter fahren sollten.
Gegen 20:30 Uhr tat sich dann etwas - eine Italienische Rangierlok zog uns aus dem Gleis, in welchem wir fast den ganzen Tag standen, heraus und hing uns an einen Güterzug.
Gegen 22:00 Uhr erfolgte schließlich die Abfahrt und wir fuhren mit dem Güterzug den Brenner hinab. Zu unserem Glück waren vor unseren Triebwagen drei Flachwagen eingereiht, sodass wir die zügige Fahrt den Brenner hinab im dunkeln sehr gut verfolgen konnten.
Innsbruck durchfuhren wir ohne Halt.
Im großen Rangierbahnhof von Hall wurden die drei Flachwagen, vor uns, aus dem Zug genommen, sodass vor uns nun einen Güterwagen mit hohen Aufbauten lief, und die Aussicht nicht mehr so gut war.
Die Ersten wurden müde und gingen schlafen, ich hielt mich noch bis Wörgel wach, doch dann zog es mich auch in den warmen Schlafsack. Irgendwann in der Nacht kamen wir dann in Kufstein an.
Mittwoch, 08.03.2000
Am morgen gegen 7:00 Uhr hieß es wieder: "Aufstehen" und wir machten uns in den Räumen der ÖBB auf die Suche nach einer Dusche. Wir fanden auch Eine, allerdings nur Eine - also etappenduschen.
Zum Frühstück gab es frische Brötchen, danach begann das Starten der Motoren.
Alle Motoren der beiden führenden Triebwagen sprangen an und liefen erstmal sehr gut im Leerlauf.
Gegen 8:30 Uhr trafen dann die anderen Vereinsmitglieder ein, welche den Zug ab Kufstein begleiten wollten.
Kurz vor der Abfahrtzeit dann ein klackerndes Geräusch vom 1. Motor des ersten Triebwagens. Motor aus, Ventildeckel ab, und Schaden begutachtet. Ventilfeder gebrochen, Stößelstange gebrochen, Ventil reingefallen, Motor: Exitus.
Überlegung: Naja mit drei Motoren geht es ja auch, aber vielleicht machen die Berge bei Kassel Probleme. Während der Überlegungen das gleiche hässliche Geräusch vom hinteren Motor, Ventilfeder gebrochen, Exitus.
Was nun, die Abfahrtszeit rückte näher, zwei Motoren laufen nicht, wir wollten aber raus aus Österreich.
Der Beschluss: Es gibt bis Rosenheim kaum Steigungen, also versuchen wir mit den zwei Motoren des hinteren Triebwagens alle sechs Triebwagen nach Deutschland zu bringen.
Das hieß aber auch beide Getriebe im ersten Triebwagen auskuppeln, die Zeit drängte. Es war aber auch noch kein DB-Lotse da, welcher schließlich 2 Minuten vor der Planabfahrtszeit kam. Mit +10 Minuten konnten wir starten und die Fuhre setzte sich in Bewegung. Das nächste Problem trat auf: Die Bremsen konnten vom ersten Führerstand angelegt werden, aber ein Lösen war nicht möglich. Der Grund: Aufgrund der nicht laufenden Motoren und der nicht vorhandenen HBL (Haupfluftbehälterleitung) war von vorne keine Steuerung möglich.
Die einfache Lösung: Im zweiten Triebwagen sitzt ein Vereinsmitglied und wenn die Klingel 2-mal klingelt, löst er vom zweiten Triebwagen aus die Bremse - funktionierte sehr gut.
In Rosenheim angekommen hieß es also wieder umrangieren: Den Triebwagen mit den beiden defekten Motoren nach hinten, und den als Reserve vorgesehenen Triebwagen an die zweite Stelle einreihen und starten. Dieser sprang auch problemlos an, und der Weiterfahrt mit eigener Kraft und mit vier funktionierenden Motoren stand nichts mehr im Wege.
Es ging dann langsam (die erlaubte HG war 50 Km/H) über München (Tankpause), Augsburg, Würzburg bis nach Göttingen zur nächsten Tankpause.
Donnerstag, 09.03.2000
Dann weiter über Hannover bis nach Celle, wo wir gegen 18:00 Uhr ankamen und bis Samstag erst einmal eine Pause für den letzten Teil der Strecke nach Lüneburg einlegten.
Freitag, 10.03.2000
Nach dem Ausschlafen wurden einige kleine Arbeiten für den letzten Teil der Strecke erledigt. Außerdem räumten wir den Zug auf, da sich sogar der NDR zu einem Bericht angekündigt hatte.
Samstag, 11.03.2000
Bei leider sehr regnerischem Wetter ging es dann auf die letzte Etappe der langen Überführungsfahrt. Über Soltau und Hützel wurde dann endlich nach fast einwöchiger Fahrzeit Lüneburg erreicht.
Das war mein kleiner Reisebericht, ich hoffe er hat gefallen gefunden.
Dieter